Dieser Film erinnert an den umstrittenen Schriftsteller aus einer für Schwule dunklen Zeit und leitet eine neue Renaissance seiner Werke ein. Mit The Grass Harp und Other Voices, Other Rooms betritt Truman Capote die erste Liga amerikanischer Autoren, Breakfast at Tiffany’s macht ihn zum Liebling des New Yorker Jetset.
Der hochintelligente Capote wächst als Scheidungskind am Rande des Abgrunds auf. Um die traurige Realität zu ertragen, konstruiert an der eigenen Biographie. Sein Traum als neuer Marcel Proust die Chronik der New Yorker Gesellschaft in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zu schreiben, bleibt unerfüllt. Jahrelang hält er Hof für Schöne und Reiche, die er grausam demütigt. Seine Bosheit macht auch Freunden nicht halt. Dass er sich in Talk-Shows genial und schwul nennt, stört konservative Freunde wenig. Als er jedoch Fragmente aus seinen Notizen veröffentlicht (Unanswered Prayers, Duo for Camelieons), lässt man ihn gnadenlos fallen. Die Angst vor Gefühlen begleitet Capote ein Leben lang. Er verfällt dem Alkohol und geht einsam an seiner Sucht zugrunde.
Der Film basiert auf der Biographie von Gerald Clarke. Drehbuchautor Dan Futterman konzentriert sich auf die Zeit der Entstehung von In Cold Blood 1959 wird der Schriftsteller durch einen Artikel auf einen Mordfall aufmerksam. Eine vierköpfige Familie aus Kansas wurde brutal ermordet. Capote beschließt, diesen Fall vor Ort für seinen nächsten Artikel zu untersuchen. Begleitet von seiner Freundin Harper Lee (Catherine Keener), der gefeierte Autorin von „To Kill A Mockingbird“, reist er ins Hinterland, wo man dem Großstädter mit Skepsis begegnet. Während der Recherchen werden Perry Smith und Dick Hickock als Täter gefasst. Capote beschließt einen Roman über die wahren Hintergründe zu schreiben. Der intelligente Smith kommt ihm gefährlich nahe. Capote verliebt sich in den komplexen Burschen und zahlt Anwälte, um die Hinrichtung zu verzögern. Seine Gefühle gesteht er sich nicht ein. Als Autor wird er ungeduldig, da ihm das Ende seiner Geschichte fehlt.
Jetzt entzieht er ihnen den Rechtsbeistand. Als Schriftsteller trifft er die richtige Entscheidung. Der Tatsachenroman ist ein Meisterwerk und führt dieses neue Genre in die Literatur ein, er bleibt aber sein letztes vollendetes Buch. Regisseur Bennett ordnet seine Inszenierung dem genialen Spiel von Philip Seymour Hoffman unter, der den kleinen Mann mit hoher Fistelstimme und auffälligen femininen Bewegungen in jeder Nuance glaubhaft verkörpert. Hoffman spielt den egozentrischen Jet-Set-Unterhalter genauso perfekt wie den sensiblen Begleiter der Todeskandidaten. Der Film CAPOTE erzählt ein wichtiges Kapitel aus jüngster Zeit- und Literaturgeschichte aus schwuler Perspektive.
Peter Jobst