Literaturfest 2010

Zum 3. Mal in Salzburg: 5 Tage Fest für die Literatur.

Die Organisatoren Christa Gürtler (Literaturwissenschaftlerin), Jochen Jung (Verleger) und Klaus Seufer-Wasserthal  (Buchhändler) sitzen an der (literarischen) Quelle, hoffentlich ohne dabei zu „verdursten“, um Maître François Villon zu zitieren.

Das Interesse für diesen Event wächst von Jahr zu Jahr. Denn große Namen bevölkern auch diesmal das Programm: Alissa Walser, Monika Helfer, Urs Widmer, Erika Pluhar, Anne Weber, Paulus Hochgatterer oder Ulrike Draesner. Bei der Eröffnung sorgt ein Lokalpolitiker mit unfreiwillig komischen Einlagen für Heiterkeit.

Solch ein Fest spiegelt auch Kehrseiten des Literaturbetriebs wider. Zuhörer suchen die Vielfalt. Doch die Schriftsteller lesen meist nur brav ihren Text (herunter). Sie machen das kleine Geld ja weitgehend mit Wettbewerben und Stipendien, vom großen können die meisten deutschsprachigen Schreiber nur träumen. Diese fromm stille Einfalt ist bei Jurys nicht unbedingt ein Nachteil: Interessanter werden Texte und Vortrag dabei nicht. Klagenfurt und Rauris lassen grüssen! ORF-Moderatorin Renata Schmidtkunz zeigt, wie man interessante Autoren (Monika Helfer, Paulus Hochgatterer, Georg Klein, Ludwig Laher) zum belanglosen Herumreden über das brisante Thema „Kindheit in der Literatur“ bringt. Denn nur wenige Autoren verfügen über eine so eigenständige Stimme wie Kathrin Röggla („Die Alarmbereiten“).

Interpreten wie André Heller und Harry Rowohlt sind jene Stars, die ein großes Publikum in den Bann ziehen. Heller liest Gedichte und plaudert über Begegnungen mit HC Artmann. Literatur ist für ihn Erzählen, Fabulieren und Rezitieren: Eine grandiose Performance, wenn auch in eigener Sache.

Harry Rowohlt ist als obdachloser Säufer in der Lindenstraße Kultfigur der Fernsehunterhaltung. Viele Besucher behaupten, nie eine Folge gesehen zu haben. Welcher (Möchtegern)Intellektuelle begibt sich schon in solche Niederungen? Dieser Harry Rowohlt, Übersetzer, Autor und Kolumnenschreiber (Die Zeit) präsentiert sich in einer für seine Verhältnisse kurzen Marathon-Lesung (fast 3 Stunden!) als wahre Rampensau: witzig, gescheit, unterhaltsam, weltgewandt lästert er über Eitelkeiten und deren Jahrmärkte, aber vor allem über sich selbst. Der weißhaarige, bärtige Mann kennt diese Welt von innen und außen. Davon schreibt, erzählt und singt er: und das mit einer Stimme, die alle Register beherrscht. Hier wird die Literatur wirklich zum Fest.

Vortragskünstler wie Heller und Rowohlt können auch schreiben, und das ebenso gut wie die meisten ihrer Kollegen. Das Publikum auf diesem Fest ist jedenfalls bunt, breit gefächert und zahlreich. Und das ist gut so.

www.literaturfest-salzburg.at

 

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