Wir leben noch immer in einer Gesellschaft mit massiven Vorurteilen gegenüber Menschen, die nicht dem gängigen heterosexuellen Weltbild oder den tradierten Rollenbildern entsprechen. Die aktuelle Diskussion über gleichgeschlechtliche PartnerInnenschaften bzw. einem zeitgemäßen Transsexuellengesetz verdeutlicht die bestehenden Zerrbilder, denen gleichgeschlechtlich empfindende und l(i)ebende Menschen sowie TransGender-Personen in Österreich ausgesetzt sind und die sich massiv negativ auf die Gesundheit dieser Menschen auswirken.
Auch wenn die Toleranz in der Gesellschaft gewachsen ist, stoßen gleichgeschlechtlich empfindende Menschen und TransGender-Personen oft noch immer auf Ablehnung. Viele sind in einem hohen Maß verdeckter oder sogar offener Ausgrenzung und Diskriminierung ausgesetzt: Seien es Schwulen/ Lesben-„ Witze“, die permanente Konfrontation mit unhaltbaren Vorurteilen und Zerrbildern, Beschimpfungen, Mobbing am Arbeitsplatz bis hin zu Drohungen und körperlicher Gewalt. „Diese Lebensumstände können zu erheblichen psychischen und sozialen Belastungen führen“, so Mag. Johannes Wahala, Gründer und Leiter der Beratungsstelle COURAGE. „Wir wissen heute, dass die Selbstmordversuchsrate in Österreich bei Homosexuellen siebenmal so hoch ist als bei Heterosexuellen. Hauptursache ist die mangelnde familiäre, soziale und rechtliche Unterstützung! Über 90% aller Selbstmordversuche von gleichgeschlechtlich orientierten Menschen geschehen im Alter zwischen 15 und 27 Jahren, also während des oft sehr schmerzhaft erlebten Coming-out-Prozesses“, ergänzt die Diplompädagogin und Sexualtherapeutin Christine Swarowsky.
Seit nunmehr 10 Jahren bietet COURAGE als erste vom Bund im Sinne des Familienberatungsförderungsgesetzes anerkannte und geförderte Schwerpunktberatungsstelle für gleichgeschlechtlich empfindende Menschen und TransGender-Personen sowie deren Angehörigen Beratung und Begleitung bei psychischen, sozialen, sexuellen und rechtlichen Problemen an. Im Mittelpunkt stand und steht die Würde des Menschen, die Wertschätzung jeder einzelnen Person und die Wahrung der Privat- und Intimsphäre, unabhängig von der sexuellen Orientierung bzw. der geschlechtlichen Identität.
Auch für heterosexuell orientierte Menschen ist die COURAGE eine wichtige Anlaufstelle geworden, denn professionelle Sexualberatung ist leider noch immer nicht so selbstverständlich, wie sie sein sollte, damit jede und jeder ein erfülltes und angstfreies Sexualleben entwickeln und leben kann. „Als Sexualberatungsstelle steht COURAGE in Themenbereichen wie sexuelle Aufklärung und Bildung, selbstbestimmte Sexualität, sexuelle Probleme und Störungen, Verhütung, Schwangerschaft, Kinderwunsch, Familienplanung, weibliche und männliche Sexualität, Geschlechtsrollen und Beziehungen, sexuelle Kulturen, Erotik und Sexualität bei Menschen mit Behinderung, Sexualität im Alter, Störungen der Sexualpräferenz, sowie sexuelle Gewalt allen Menschen offen“, betont Mag. Wahala, „da es für diese wesentlichen Lebensbereiche in Österreich noch immer kaum qualifizierte Beratungsangebote gibt“. COURAGE bietet auch Fort- und Weiterbildungen für Fachleute aus den psychosozialen, pädagogischen, therapeutischen und medizinischen Berufen an.
„Bisher war unser Angebot auf Wien beschränkt. Aufgrund des Mangels an spezifischen Beratungseinrichtungen in den Schwerpunktbereichen Sexualität/Beziehungen, gleichgeschlechtliche Lebensweisen, TransGender/Transidentität, Intersexualität, sowie Gewalt und sexuelle Übergriffe, mussten viele Menschen aus den anderen Bundesländern oft lange Anfahrtszeiten zu uns nach Wien in Kauf nehmen oder ganz auf Beratung verzichten“, erläutert Mag. Wahala die Beweggründe, COURAGE Innsbruck zu eröffnen. „Ziel muss es sein, ein bundesweit flächendeckendes Angebot in den Schwerpunktbereichen von COURAGE für alle Rat- und Hilfesuchenden zu ermöglichen, wo sie qualifizierte, anonyme und kostenlose Beratung erhalten.“
Mit September hat die Beratungsstelle COURAGE Innsbruck nun ihren Betrieb am Bozner Platz 1 aufgenommen um so auch für den Westen Österreichs und die angrenzenden Nachbarländer ein professionelles und kostenloses(!) Beratungsangebot zu bieten. „Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit mit allen Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichen psychosozialen Arbeitsfeldern und hoffen, dass wir mit Hilfe des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend nach dem sechsmonatigen Beobachtungszeitraum unser Angebot in Innsbruck beibehalten und erweitern können – aber wir benötigen auch dringend die Unterstützung von den Verantwortlichen der Stadt Innsbruck und dem Land Tirol“, so Ramanie Ramalingam, die Koordinatorin der COURAGE Innsbruck.
Die MitarbeiterInnen von COURAGE Innsbruck sind professionelle Fachkräfte in den Bereichen der Sexualpädagogik und Sexualberatung. Des Weiteren haben sie besondere Kenntnisse im Bereich gleichgeschlechtliche, bisexuelle und transGender Lebensweisen – einerseits vom heutigen Stand der Human- und Sexualwissenschaften aus, andererseits was die besonderen Lebensbedingungen und die daraus resultierenden Lebensstile betrifft.
Kontakt:
Beratungsstelle COURAGE Innsbruck
Mi & Do, 16 – 20 Uhr (Termine nach telefonischer Voranmeldung)
Bozner Platz 1 / 4. Stock, 6020 Innsbruck
Tel.: +43 (0)699 / 166 166 63, Mail: innsbruck@courage-beratung.at
Web: www.courage-beratung.at