Prokrustes, ein Riese aus der griechischen Mythologie, schien ein großzügiger Gastgeber zu sein. Reisende waren ihm stets willkommen. Sie konnten sich erfrischen, bekamen eine Mahlzeit, und ein Bett für die Nacht. Das Bett war immer frisch gemacht, sauber und einladend. Nur leider waren die Reisenden nicht alle von gleicher Länge, und das ärgerte Prokrustes. Darum passte er die Körpergröße des jeweiligen Gastes immer genau an das Bett an: War der Gast zu groß für das Bett, hackte er ihm die Füße ab. War er hingegen zu klein für das Bett, so wurden ihm die Glieder bis zum Zerbrechen gestreckt.
Prokrustes zwingt seine Gäste in ein „perfektes“ Bett indem er sie einer unerbittlichen Norm unterwirft. Keiner von ihnen wählt diese Norm freiwillig. Und es wird von keinem berichtet, der dieser Norm auf Anhieb entsprochen hätte.Dieses Heft handelt von vielfältigem „Anderssein“. Zwischen den Zeilen werden die Hack- und Streckvorrichtungen unserer Gesellschaft sichtbar. Aber es wird auch deutlich, dass echtes, gelebtes Leben nie „perfekt“ oder „normal“ ist.
Dafür, in jedem Fall, „einzigartig“!
Das Künstler- und Lebenspaar Britten / Pears wird gewürdigt, sogar von der Queen. Ein nachdenklicher EU-Vergleich zur Frage des Operationszwangs für Transgenderpersonen. Unsere Gastautorin schreibt über „doppelt anders sein“. Eine Empfehlung aus Frauenperspektive lautet: „Einfach manchmal weniger dumm sein“, und für die Gays gibt’s „Fragmente aus Männerwelten“.
In „Frausein mit Behinderung“ wird u. a. der Frage nachgegangen, wie viel Selbstbestimmung wir uns und anderen erlauben.
Und in „Sexualität“ zieht die Autorin mal „ganz andere Seiten“ auf!
Dazu wie immer Berichte aus Musik und Szene, Buchbesprechungen, Neues zu Wissenschaft und Gesundheit, unsere Rubriken, ein ausführlicher Service-Teil, uvam!
„Der Sinn des Lebens ist gelebt zu werden“ (sh. Kasten S 8)
Schönen Sommer und ein ungenormtes oder höchstens freiwillig genormtes Leben wünscht Euch Eure
Johanna
Coming In 03/09