Die dänische Regierung hat sie schon und die australische und die deutsche Regierung planen sie: umfangreiche Sperren von illegalen Internetseiten (http://www.queer.de/detail.php?article_id=10157).Derartige Sperrlisten sind nur dann mit den Grund- und Menschenrechten vereinbar, wenn sie zielgenau und wirksam Seiten erfassen, deren Inhalt so kriminell ist, dass die Einschränkung der Kommunikationsfreiheit gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.
Wenn auch (oder sogar zu einem beträchtlichen Teil oder gar in Mehrheit) andere, legale Seiten erfasst werden, so ist dies nicht grundrechtskonform.
Eine offene und äusserst gravierende Menschenrechtsverletzung ist dann gegeben, wenn die Sperrlisten nicht einmal mehr überprüft werden dürfen und das Nachprüfen der Sperrlisten (ob sie wirklich nur kriminelle Inhalte sperren) verboten und zum Verbrechen erklärt und verfolgt wird (vgl. http://derstandard.at/?id=1237228314897). Derartiges staatliches Handeln kennzeichnet totalitäre Regime, nicht freie Demokratien.
Zur Bekämpfung der Kinderpornografie und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sind Internetsperren überdies auch noch denkbar schlechte Instrumente. Sie sind mit "vergleichsweise wenig Aufwand" zu umgehen, während ihre Einrichtung und Aufrechterhaltung einen enormen Aufwand an Arbeit und Kosten verursacht. Energien, die zum Schutze der Kinder effektiver eingesetzt werden könnten.
Die deutsche Kinderschutzorganisation Care-Child spricht daher von einer Symbolpolitik, die die Verbreitung von Kinderpornografie fördert anstatt sie zu bekämpfen, während tatsächlich wirksame Massnahmen, die schnell getroffen werden könnten, unterbleiben (http://www.carechild.de/carechild/pressemitteilungen/carechild_fordert_entschlossenes_vorgehen_gegen_kinderpornografie_573_1.html; http://www.carechild.de/news/politik/internetzensur_die_grossen_luegen_der_ursula_von_der_leyen_572_1.html). So ergab ein Test der Organisation, dass derartige Seiten mit herkömmlichem kriminalpolizeilichen Instrumentarium schneller, sparsamer und wirkungsvoller aus dem Internet entfernt werden können (http://www.carechild.de/news/politik/internetzensur_carechild_versuch_blamiert_deutsche_politiker_566_1.html).
Ein Gutachten des deutschen Bundestages bestätigt die Kritik an den Sperrlisten. Eine wirksame Sperre sei nur nach dem Vorbild Chinas möglich. Dazu müsse man den Grundgedanken der dezentralen Vernetzung von Computern aufgeben. „Hält man sich das grobe Missbrauchspotenzial, das gerade bei zentralen technischen Filterscstemen besteht, und die Bedeutung der Kommunikationsfreiheit für eine freiheitliche Demokratie vor Augen, so muss diese Gefahr als besonders schwerwiegend angesehen werden. Eben mit dieser Begründung sind im Interesse des Jugendschutzes eingeführte Bestimmungen in den Vereinigten Staaten von Amerika durch den Supreme Court für verfassungswidrig erklärt Worden … Stellt man diese negativen Auswirkungen den vermutlich nur geringen positiven Effekten gegenüber, muss mit einer im Schrifttum zunehmend vertretenen Auffassung auch die Angemessenheit einer Sperrungsanordnung gegenüber Access-Providern als problematisch angesehen werden“ (S. 25) (http://www.carechild.de/news/politik/bundestagsgutachten_bestaetigt_carechild_kritik_an_filter_fuer_kinderpornografie_556_120.html).
RA Dr. Helmut Graupner
Co-Präsident der Österreichischen
Gesellschaft für Sexualforschung (ÖGS)
www.graupner.at
www.oegs.or.at