1984 löst das künstlerische Abendessen, dem wir diesen spannenden und amüsanten Abend verdanken, einen Eklat aus:Der Roman wird vorübergehend beschlagnahmt. Der Komponist Gerhard Lampersberg verklagt den Autor Thomas Bernhard (1931-1989), der seinerseits den Verkauf seiner Werke in Österreich untersagt.
Die Akteure (Gerhard Hermann, Claudia Dölker, Hartmut Schey) unterstreichen in ihrem minimalen Spiel die Musikalität der Sprache, der sich die Protagonisten dieses denkwürdigen Treffens am Todestag ihrer gemeinsamen Freundin Juana hingeben. Regisseur Frank Hellmund bereichert mit Gags und szenischen Elementen den wortgewaltigen Abend: Ein Eiszylinder schwebt und schmilzt über der Tafel. Die Dame des Hauses empfängt die Zuschauer mit Sekt, während der Hausherr am Klavier improvisiert. Roter Samt und Blumen deuten den eleganten Salon an. Der Abend endet trotz banalem Geschwätz mit einer Überraschung. Der Ehrengast, ein eitler Burgschauspieler, entpuppt sich als unerwarteter Bundesgenosse des Autors im Kampf gegen Verkommenheit.
Was sagt uns Holzfällen heute? Die Namen der realen Vorbilder kennt man vor allem im Zusammenhang mit dem Skandal um Bernhard.
Berührungsängste vor der damaligen Welt des Autors verhindern die kritische Rezeption des Werkes durch Kritiker wie Germanisten. Man zelebriert Vorsicht, so als könne man nur mit vorgehaltener Hand über früher unansprechbare Konflikte reden.
Für den jungen Thomas Bernhard waren Gerhard Lampersberg und dessen Frau Maja Freunde und Förderer, die ihm die Augen für Reichtum und Schönheit der Welt öffneten. Deren Domizil in Kärnten bot ihm nach beengten Jugendjahren Zuflucht und Unterschlupf. Texte aus jener Zeit sind künstlerische Höhepunkte. Dass er nur einer der vielen Männer war, die im Bett des Hausherrn landeten, überwand er wohl nie, zumal diese Jünglinge, die solchen Treffen die nötige erotische Würze verliehen, privilegierter, gewandter, kräftiger und vor allem gesünder waren als Bernhard, der ein Leben lang an einem kurzen Atem litt. Damen wie Jeannie Billroth halfen dieses verlogene Spiel zu tarnen, womit sie sich Einladungen und Bleiberecht in diesem erlesenen Zirkel sicherten. Defizite kompensierten sie mit Verspritzen von Gift und Galle. Heute sieht man diesen Kreis als Ansammlung von mittelmäßigen Künstlern und gescheiterten Existenzen, die sich ihrer Trunk- und Streitsucht hingaben.
Die wüsten Schimpftiraden gegen die Eheleute Auersberger verraten Bernhards starke Bindung an seine ehemaligen Freunde. Attacken verraten die Sehnsucht nach einer verloren gegangenen Zeit. Bernhard litt offensichtlich darunter, nicht zu dieser Welt zu gehören, deren Spielregeln er nicht beherrschte. Vor seinem ungeschminkten Blick auf die eigene Person flohen Freunde wie Feinde in (Pseudo-)Skandale. Er traf als Autor einen neuralgischen Punkt einer oft zitierten verwundeten österreichischen Seele.
Fotos (c) von Christian Schneider – www.theaterfoto.at