Das Höchstgericht hat den vom Innenministerium verordneten Scheidungszwang für ein gleichgeschlechtliches Ehepaar aufgehoben.
Die Beschwerdeführerin ist transsexuell (Mann zu Frau) und lebt mit ihrer angetrauten Ehefrau und ihren beiden gemeinsamen Kindern in glücklicher Familiengemeinschaft. 2004 hat sie sich einer geschlechtsanpassenden Operation unterzogen, die erfolgreich verlaufen ist. Seither lebt sie als Frau mit ihrer Ehegattin, die sie noch als Mann geheiratet hatte, in gleichgeschlechtlicher Ehe.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte haben Transsexuelle nach Durchführung einer erfolgreichen geschlechtsanpassenden Operation einen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass ihr Geschlechtseintrag im Geburtenbuch auf ihr neues Geschlecht richtig gestellt wird und damit auch ihre Ausweis- und anderen Dokumente ihr neues Geschlecht ausweisen können.
Der Transsexuellenerlass des Innenministeriums machte jedoch die Erfüllung dieses Menschenrechts bei verheirateten Transsexuellen, deren Ehe durch die Operation gleichgeschlechtlich wird, davon abhängig, dass sie ihre Ehe auflösen.
In diesem Sinne vom Innenministerium angewiesen verweigerte das Standesamt der Beschwerdeführerin die Richtigstellung des Geburtenbuches, weshalb sie als Frau nach wie vor mit männlichen Dokumenten arbeiten und damit jedermann ihre Transsexualität offenbaren muss. Ihr Fall ist besonders prekär, weil sie mangels Zerrüttung ihrer Ehe diese gar nicht auflösen kann, die gesetzte Bedingung also gar nicht erfüllen kann.
Der von ihr angerufene Verfassungsgerichtshof hat ihr nun Recht gegeben und den Transsexuellenerlass aufgehoben. Zum einen sei der Erlass schon deshalb gesetzwidrig, weil er nicht gehörig, also im Bundesgesetzblatt, kundgemacht wurde. Darüber hinaus teilt der VfGH aber auch die Bedenken der Beschwerdeführerin, dass der Erlass hinsichtlich des Scheidungszwangs der gesetzlichen Grundlage entbehrt: Das Geschlecht werde bereits durch die Operation geändert, auch wenn die betreffende Person verheiratet ist. Das Geburtenbuch sei daher in diesem Sinne richtig zu stellen und eine Gesetzesstelle, die dies bei aufrechter Ehe verbietet, sei nicht erkennbar. Die mit der Geschlechtsumwandlung eingetretene Gleichgeschlechtlichkeit der Ehepartner sei durch die Verweigerung der Korrektur des Geburtenbuchs nicht zu verhindern, so die Richter.
„Dem Verfassungsgerichtshof gebührt grösste Achtung für diese Entscheidung“, sagt der Wiener Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner, Präsident der Homosexuellen-Bürgerrechtsorganisation Rechtskomitee LAMBDA und Anwalt des Beschwerdeführerin, „Die Bundesregierung hingegen sollte Ehen und Familien fördern, anstatt sie nur deshalb zerstören zu wollen, weil sie gleichgeschlechtlich sind“.
Auch seitens der HOSI Salzburg wird diese Entscheidung ser begrüßt. Einerseits ist es ein erste Schritt in Richtung gleichgeschlechtlicher Ehe und zweitens ein bedeutendes Signal für die Anerkennung transidenter Menschen und ihrer Rechte. Der Familie sei von hier aus alles Gute und viel Glück für die weitere Zukunft gewünscht!